Vorsicht Kinder, wenn sich jemand "nur" den Weg erklären lassen will

"Sicher-Stark"-Team schult Gefahren- und Selbstbewusstsein von Montessori-Grundschülern - Unangenehme Berührungen zur Sprache bringen

Landau (ls). Ein Auto hält auf der Straße neben der Stadthalle, der Beifahrer öffnet die Tür - und zieht einen Buben von der Straße ins Wageninnere. Doch was einer Kindesentführung gleicht, war gestern nur ein Rollenspiel. Das Team von "Sicher-Stark" schärfte mit solchen Situationen das Gefahren- und Selbstbewusstsein von Kindern der Montessori- Grundschule.

Familien-Passwort ausmachen

"Stellt euch am Auto mal so hin, wie ihr meint, am sichersten zu sein", hatte Diplom-Pädagogin Julia Schlegel vor der Attacke des Fahrers zwei Buben aufgefordert. Gesagt, getan - mit Erfolg für den potenziellen Entführer. Den mimte Schlegels Kollege Ralf Schmitz. "Ihr solltet immer hinter der Autotür stehen, weil ihr da einen größeren Sicherheitsabstand habt", riet der ehemalige Polizist den Kindern.

Und noch einen Tipp hatten die beiden Trainer des "Sicher-Stark"-Teams aus Nordrhein-Westfalen für die Schüler parat: Sie sollten mit ihren Eltern ein geheimes Familien-Passwort ausmachen. Zum Einsatz kommt es, wenn die Kinder beispielsweise mal von Bekannten von der Schule abgeholt werden - und nicht von Mama und Papa. Einsteigen dürften sie dann nur zu jenen, die das Passwort auch kennen.

"Kinder haben Stärken, vor allem solche, von denen sie vorher nichts wussten", sagte Ralf Schmitz. Und die sollten Kinder so bald wie möglich erfahren.

In einer Theoriestunde in der Stadthalle hatten Schlegel und Schmitz den Kindern auch den Unterschied zwischen Ja- und Nein-Gefühlen vermittelt. Die Kinder mussten ihre Gefühle wahrnehmen und entscheiden: Was ist gut? Und was ist schlecht? Ein weiterer Inhalt waren Geheimnisse. Unbedenklich sei, wenn ein Kind seinem Vater zum Geburtstag ein Bild male - und das als Geheimnis zunächst hüte. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, wenn ein Opa ein Kind streicheln wolle. Unerwünschte Berührungen dürften die Kinder nicht für sich behalten. Sie sollten stattdessen sagen, wann etwas angenehm oder unangenehm sei und das auch Eltern, Lehrern oder der Nummer gegen Kummer (0800/1110333) mitteilen.

Buben geben Fremden nur spärliche Antworten

Doch auch wenn die Kinder zuvor in Theorie auf Situationen vorbereitet wurden, sind sie manchmal doch blauäugig. Als beim Rollenspiel im Park eine "alte Frau" auf drei Buben zukommt und sie bittet, ihr beim Suchen ihrer kleinen Katze zu helfen, gehen zwei von ihnen mit. Im nächsten Augenblick sind sie hinter einer Hausmauer verschwunden.

Die zurückbleibende Gruppe hat den Fehler erkannt. Die Zwei hätten nicht mitgehen und höchstens im Bereich des Parks suchen dürfen, dort wo sie von ihren Eltern später abgeholt würden. "Es ist schon vorgekommen, dass junge Frauen Kinder vom Spielplatz weggelockt haben und sie ein Komplize ins Auto gepackt hat", machte der Trainer den Schülern die Tragweite deutlich.

Und auch als ein Auto neben der Straße hält und ein Mann sich auf der Landkarte den Weg erklären lassen will, reagiert ein Bub falsch. Er setzt sich zunächst auf den Beifahrersitz. Im Ernstfall hätte der Bösewicht leichtes Spiel.

Nach Meinung der Trainer gut reagiert hatten er und ein anderer Bub jedoch, als sie dem Mann nur spärlich Antworten auf seine bohrenden Fragen gegeben hatten. Wo wohnt ihr, was macht ihr jetzt, wie heißt ihr, was ist euer Lieblingsessen - all das seien Fragen, die niemand beantwortet haben müsste, der nur nach dem Weg fragen wollte.

Innerhalb von drei Tagen - heute laufen die letzten Kurse - hat das mobile Einsatzkommando des "Sicher-Stark"-Teams insgesamt 150 Kinder der Montessori- Schule in vierstündigen Schnupperkursen unterrichtet. Zum Start am Montag hatten sich Schulleiter Klaus Ecker, Elternbeiratsvorsitzender Walter Pfleger und Bürgermeister Josef Brunner bei den Sponsoren des Trainings bedankt.

Info: Unter Tel. 0180/55501333 können Eltern und Pädagogen das Servicetelefon der "Sicher-Stark"- Teams erreichen.